Robin Hood
Ein Handpuppenspiel
Uraufführung unter eigener Regie 1997 im Puppentheater FELICIO - Karsten Ackermann
Spielplan unter www.Felicio.de
LESEPROBE
1. Bild - Bauernhof
Die Bäuerin füttert ihre mageren Hühner.
BÄUERIN Putt, putt, putt. - Seht, was ich schönes für euch habe. Mein letztes Korn gebe ich euch.
Die Hühner sind fast zu dünn und schwach zum Körnerpicken.
BÄUERIN Wollt ihr nicht? Ich sehe schon, ihr seit ja selbst zum Körnerpicken zu schwach. Klapperdünn seid ihr, wie soll ich da im Dorf einen guten Preis erzielen? Kommt schon, gebt euch Mühe und pickt die letzten Körner auf, denn das Korn ist knapp - so wie das Geld.
Die Hühner picken langsam los.
BÄUERIN Gut so, gut so. Ach, ist das ein Elend. Und das alles nur, weil der gute König Richard Löwenherz nicht im Lande weilt. So konnte sich der miese Sheriff von Nottingham... (wirft sich ängstlich zu Boden). Oh Gott, ich habe nichts gesagt, nichts gesagt. (sieht sich vorsichtig um) Man weiß ja nie wer mithört. Und es ist bei Strafe verboten, schlecht über den Sheriff von Nottingham zu reden.
Der Steuereintreiber schiebt seinen dicken Kopf um die Ecke...
STEUEREINTREIBER Ich habe alles gehört!
Die Bäuerin erschrickt derart, daß sie fast umfällt.
BÄUERIN Oh je, der Steuereintreiber.
Der dicke Steuereintreiber schiebt sich mit seinem vollen Umfang auf die Bühne.
/ eine behäbige, schwere Melodie /
STEUEREINTREIBER (singt dazu)
Angst und Schrecken verbreite ich
sieht man mich, erschrickt man sich
denn Angst und Schrecken verbreite ich.
Ich treibe hier die Steuern ein
die Bauern finden das gemein,
denn mit Hinterlist und Tücke
treib’ ich ein die Goldstücke.
Sieht man mich, erschrickt man sich,
denn Angst und Schrecken verbreite ich.
Der Steuereintreiber sieht sich die Bäuerin an.
BÄUERIN Oh je Oh je...
STEUEREINTREIBER Was jammert Ihr?! Jammern ist bei Strafe verboten! Wer jammert, kommt in den finsteren Burgturm, bis er gelernt hat, Loblieder zu singen!
BÄUERIN Oh je. Ich will loben, ich will loben.
STEUEREINTREIBER Sehr lobsam. Und, nachdem das geklärt ist, her mit den Steuern, dem Money, der Kohle, dem Zaster, den Penunsen, den GOLDSTÜCKEN!
BÄUERIN Aber ich bin doch bettelarm!
STEUEREINTREIBER Wer zwei Hühner hat, kann nicht bettelarm sein.
BÄUERIN Die Hühner?
Die Hühner beginnen vor Angst zu schlottern.
BÄUERIN Seht nur, wie klapprig und dünn sie sind. Kein Korn ist mehr da.
STEUEREINTREIBER Wenn Ihr keine Goldstücke habt, dann nehme ich die Hühner mit.
Der Steuereintreiber greift nach den Hühnern.
BÄUERIN Nein, nicht die Hühner! Sie sind alles, was ich habe.
Die Bäuerin beginnt vor Angst zu zittern, dabei klingelt es verräterisch unter ihrem Rock.
STEUEREINTREIBER Was höre ich da?
BÄUERIN Ich weiß nicht. Was hört Ihr denn?
STEUEREINTREIBER Ich habe ein empfindsames Gehör für das Klingeln von Goldstücken. Aus jeder Entfernung kann ich es hören.
Die Bäuerin beginnt immer mehr zu zittern, das Klingeln wird lauter.
BÄUERIN Ich kann nichts hören.
STEUEREINTREIBER Da. Da. Ganz deutlich kann ich es hören. Es klimpern die Goldstücke unter Eurem Rock! Ihr wollt mich und somit den Sheriff von Nottingham betrügen?! Dafür kommt Ihr in den finsteren Turm!
BÄUERIN Gnade, Herr Steuereintreiber, wenn ich kein Korn für die Hühner kaufen kann, was soll dann aus mir werden?
STEUEREINTREIBER Dieses Volk kann nur jammern. Ist Dir denn das Land egal, Weib? Was glaubst Du denn, wie teuer so ein Hofstaat ist, den der Sheriff unterhalten muß. Da muß Gold und immer noch mehr Gold her. Und ich treibe es ein. Also her damit!
Kurzer Hand stellt der Steuereintreiber die Bäuerin auf den Kopf und schüttelt die zwei letzten Goldstücke aus ihr heraus.
STEUEREINTREIBER Na bitte, da sind ja die Goldstücke. Und Eure Hühner könnt Ihr behalten. Die sind mir nämlich viel zu dünn.
Steuereintreiber hämisch lachend ab.
Die Bäuerin kommt mühsam wieder auf die Beine.
BÄUERIN Nun ist alles verloren. Was mußte ich auch die Goldstücke mit mir rumschleppen. Ach, hätte ich sie doch versteckt. Nun kann ich kein Korn kaufen. Meine armen Hühner werden verhungern. Erst die Hühner und dann ich.
/ eine traurige Melodie /
BÄUERIN (singt dazu)
England ist ein traurig Land
Es ist außer Rand und Band
Der Sheriff lebt in Saus und Braus
und mir geht das Futter aus
Seit der Sheriff hier regiert
mir das arme Vieh krepiert
Das kleine Glück zerrinnt im Sand
England ist ein traurig Land
Der Kasper tritt auf, vorsichtig und leise, denn er hat mitgehört.
KASPER Das ist aber ein sehr trauriges Lied.
BÄUERIN Was soll ich anderes singen?
KASPER Ein lustiges Lied. (singt ohne Musik)
Ob es regnet oder schneit
Zu Schabernack bin ich bereit
Mein Witz ist all’n bekannt
Denn Kasper werde ich genannt.
Ich mache lauter lust’ge Sachen
Die den Kindern Freude machen.
Ich spring in die Luft, ich schieße Kobolz
Es tut mir nicht weh, denn ich bin aus Holz.
So locke ich das Lachen heraus
und am Ende gibt’s Applaus.
BÄUERIN Wenn Du von Applaus leben kannst, so sollst Du Deinen Lohn bekommen. (klatscht in die Hände) Du bist ein lustiger Kerl. Aber Du bist wohl nicht von hier?
KASPER Das stimmt, ich bin nur zu Besuch.
BÄUERIN Dann kannst Du auch nicht wissen, daß unser guter König nicht im Land ist. Und der böse Sheriff von Nottingham immer mehr Geld von den Bauern verlangt, so daß wir kaum noch etwas zu essen haben.
KASPER Das klingt in der Tat nicht sehr fröhlich.
BÄUERIN Unsere einzige Hoffnung ist der Robin Hood.
KASPER Robin... Was? Moment, da muß ich mal nachgucken. (hievt wieder das Wörterbuch auf die Spielleiste) Robin... Robin ist ein Vorname. Und Hood, Moment, Moment.... „Hood“ heißt „Kapuze“. (läßt das Wörterbuch wieder verschwinden) (zur Bäuerin) Und wer ist dieser Robin Kapuze?
BÄUERIN Doch nicht „Kapuze“. - Robin Hood.
KASPER Hood heißt aber „Kapuze“.
BÄUERIN Vielleicht da, wo Du herkommst, Kasper. Bei uns heißt Robin Hood Robin Hood, weil er einen grünen Hut trägt.
KASPER Na meinetwegen. Und wer ist dieser Robin Hood?
BÄUERIN Er ist der einzige im ganzen Land, der den armen Leuten hilft.
KASPER Ein Held?
BÄUERIN (schwärmerisch) Oh ja, ein Held. Wenn Robin Hood hier gewesen wäre, hätte sich der dicke Steuereintreiber nicht getraut, mir meine letzten Goldstücke wegzunehmen. Er überfällt die Reichen, nimmt ihnen ihre Goldstücke ab und gibt sie den Armen. Ohne Robin Hood wären wir vielleicht alle schon verhungert.
KASPER So einen Helden muß ich kennenlernen. Wo wohnt der denn?
BÄUERIN Da hinten im Wald - im Sherwood Forest.
KASPER Ach da, im Reinwald Wald - ich meine im Sherwood Forest.
BÄUERIN Ja. Aber der Wald ist sehr groß, und niemand weiß genau, wo sich Robin Hood gerade aufhält. Aber, Du mußt mich entschuldigen, Kasper. Ich muß die Hühner ins Haus bringen, vielleicht finde ich ja noch in irgendeiner Ritze ein paar Körner. Puttputtputt, kommt, meine dünnen Hühner...
Die Bäuerin und die Hühner ab.
KASPER Das sind ja Geschichten, die man hier so erfährt. Vielleicht sollte ich diesen Robin Hood mal suchen gehen? Im Sherwood Forest also.
/ Musik setzt ein /
Fließende Verwandlung in den...
2. Bild - Sherwood Forest
Kasper ist im Wald unterwegs bzw. erweckt die Verwandlung den Eindruck des Wanderns.
/ die Verwandlungsmusik wird zu Kaspers Wanderlied /
KASPER (singt)
Das Wandern ist des Kaspers Lust
Das Wandern ist des Kaspers Lust
Das Wa-a-ndern.
Ich durchstreife diesen Wald jetzt hier,
sehe Vögel und and’res Getier
Beim Wa-andern, beim Wa-andern
Beim Wa-a-ndern...
(hält inne) Puh. Dieser Sherwood Forest nimmt ja überhaupt keine Ende. Da reichen alle Wanderlieder nicht aus. Und einen Hunger habe ich bekommen. Aber ich weiß schon - eine Bratwurst werde ich hier nicht finden. In Wäldern habe ich noch nie Bratwürste gefunden. Dabei liebe ich Bratwürste, wie ihr vielleicht schon wißt. Ich denke oft an Bratwürste. Vielleicht sollte ich mich ein bißchen an diesen Baum hier lehnen und an eine Bratwurst denken. (lehnt sich an den Baum) Wie hatte die alte Bäuerin gesagt? ‘Ohne Robin Hood wären wir vielleicht alle schon verhungert.’ Sollte das etwa heißen, daß dieser Robin Kapuze Bratwürste hat? (ruft in den Wald) He, Robin Kapuze! Ich suche Dich! He, zeige Dich! Keiner da. Keiner kommt. Nichts zu sehen. Der Wald ist viel zu groß. Psst. - Ich höre da was.
/ ein leises Sirren, das immer lauter wird.... /
Was ist denn das für ein merkwürdiges Geräusch? Das klingt wie eine Biene, nein, eher wie eine Hummel, und jetzt zischt es wie eine Schlange und kommt immer näher...
Krawumm - der Pfeil schlägt in den Baum ein und nagelt Kaspers Mütze fest.
Hilfe. Ein Pfeil. Ein Überfall! Hilfe! - Überfall!
Vergeblich versucht Kasper, sich von dem Pfeil zu befreien. Auftritt Robin Hood.
ROBIN Bist Du ein Edelmann oder ein Halsabschneider?
KASPER Ich bin der Kasper. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Eben nur der Kasper.
ROBIN Und was willst Du?
KASPER Ich suche Robin Hood.
ROBIN (mißtrauisch) Was willst Du von ihm?
KASPER Ich habe diesem Robin mitzuteilen, daß eine alte Bäuerin von einem fiesen Steuereintreiber um ihre letzten Goldstücke erleichtert wurde - man kann auch sagen, er hat sie ihr geklaut.
ROBIN Oh, dieser fette Wurm, dieser Gehilfe des Sheriffs von Nottingham...! Würde ich den in die Finger bekommen.
KASPER Was nutzt das schon? Wenn Du nicht Robin Hood bist.
ROBIN Und Du bist ganz allein im Sherwood Forrest unterwegs? So bist Du ein mutiger Mann?
KASPER Eher ein Kasper. Und mutig? Ich weiß nicht, was ist Mut?
ROBIN Darüber streiten die Gelehrten. Nun denn, Du hast ihn gefunden.
KASPER Wen?
ROBIN Robin Hood.
KASPER Du bist Robin Hood? Dacht ich’s doch. Mit so einer komischen Kapuze.
Robin Hood macht den Kasper vom Baum los.
KASPER Danke. Du bist ein guter Pfeilschießer, das muß ich schon sagen.
ROBIN Ja, ich bin ein guter Bogenschütze. (singt)
Immer trifft mein Pfeil ins Ziel.
Als wäre es ein Kinderspiel.
Ich bin ein guter Schütze.
Mein Zeichen ist die grüne Mütze.
Was ich den Reichen genommen,
sollen die Armen bekommen.
Es ist bekannt im ganzen Land:
Robin Hood werd’ ich genannt.
KASPER Sehr eindrucksvoll. Und was gedenkst Du jetzt zu tun?
ROBIN Zu tun? Was sollte ich denn tun?
KASPER Ja, Mensch, Robin! Hast Du denn nicht zugehört? Der armen Bäuerin wurden ihre letzten Goldstücke weggenommen. Soll sie denn verhungern?
Robin Hood hat kein Interesse mehr an Kasper, die ganze Zeit schon sieht er in den Himmel.
KASPER Hörst Du überhaupt zu?
ROBIN Sag, Kasper. Siehst Du die Wolke dort am Himmel?
KASPER (sieht jetzt auch zum Himmel) Eine Wolke, ja...
ROBIN Die Linien dieser Wolke - sind sie nicht gar lieblich anzuschauen?
KASPER Solltest Du nicht lieber den Steuereintreiber suchen, als Dir hier so langweilige Wolken anzusehen?
ROBIN (greift Kasper am Kragen) Nenne die Jungfrau Marion nicht ‘langweilig’!
KASPER Wer ist denn die Jungfrau Marion?
ROBIN Sie ist die Frau meiner Träume, nach der ich mich sehne, in jeder Minute. Ihr Antlitz ist so hold und rein, wie strahlend Sonnenschein.
KASPER (zu den Kindern) Mir scheint, dieser Robin Hood ist verliebt. Ja, ganz schrecklich verliebt.
ROBIN Sie beherrscht jeden meiner Gedanken. In jedem Baum und jedem Strauch, jeder Wolke glaube ich die Angebetete zu sehen. Wie soll man da die Bösewichter jagen. Ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen.
KASPER Dann wäre es doch das Einfachste, Du gehst hin und sagst es ihr.
ROBIN Wo denkst Du hin. Ich bringe nicht ein Wort hervor, wenn ich sie sehe. Ich fange an zu stottern und bekomme einen roten Kopf.
KASPER Dann schreib ihr einen Brief.
ROBIN Einen Brief? Mir fehlen die Worte.
KASPER Dann helfe ich Dir eben. Im Briefeschreiben bin ich sehr geschickt. Also schreib. (diktiert) Geliebte Marion. Ich schreibe diesen Brief, weil ich meine Liebe zu Dir nicht länger verbergen kann.
ROBIN Das ist gut. Das trifft es genau.
KASPER Danke. (diktiert weiter) Vielleicht hast Du es auch schon längst bemerkt.
ROBIN Oh ja, sie sieht mich auch manchmal so an, so, so...(versucht nachzumachen, wie Marion ihn ansieht, was aber ein bißchen dämlich aussieht)
KASPER Na siehst Du. Dann können wir es kurz und bündig machen. (diktiert weiter) Wenn es so ist, wie ich denke und Du mich auch ganz gut findest, dann könnten wir uns ja mal treffen. Zum Beispiel, um gemeinsam eine Bratwurst zu essen...
ROBIN Eine Bratwurst zu essen?
KASPER Ja. Ißt Du nicht gerne Bratwurst?
ROBIN Nein.
KASPER Na gut, dann schreibe, was Du gerne machst.
ROBIN Ich tue gern Gutes.
KASPER Aber das weiß sie doch, oder?
ROBIN Das will ich wohl meinen.
KASPER Naja, dann brauchst Du das auch nicht mehr so zu betonen.
ROBIN Ich gehe gerne den Rehen zusehen, wie sie die Äste anknabbern.
KASPER Ja? Wie Du meinst. Also schreib: (diktiert) Vielleicht könnten wir ja mal zusammen den Rehen zusehen, wie sie die Äste anknabbern. Ich würde mich sehr freuen. Punkt. Unterschrift.
ROBIN Das kann ich nicht. Was, wenn mich Marion gar nicht will?
KASPER Unsinn. Alle Mädchen wollen die Guten. Du bist sogar ein Held.
ROBIN Ja, das ist richtig.
KASPER Na also. Dann kannst Du auch unterschreiben.
ROBIN Oh, nein, ich bin viel zu aufgeregt. Ich, ich... (beginnt zu stottern) ka-ka-kann das ni-nicht...
KASPER Ja, ja, ist ja gut. Ich merke schon, Du brauchst ja nur an die Jungfrau Marion zu denken und schon geht es los.
ROBIN Ge-ge-genau.
KASPER Dann mache ich Dir einen Vorschlag: Ich bringe den Brief zu Marion und sage ihr, daß ich ein Bote von Robin Hood bin.
ROBIN Das würdest Du für mich tun?
KASPER Aber ja doch. Und Du suchst diesen fiesen Steuereintreiber und machst das, was Du am Besten kannst. Ein Held sein.
ROBIN Das ist ein Leichtes. Diese Liebesdinge sind viel viel schwieriger.
KASPER Ich mache mich gleich auf den Weg.
Kasper nimmt den Brief und geht. Robin bleibt allein zurück.
ROBIN Habe ich ein Glück, daß ich den Kasper getroffen habe. Doch halt, was ist das?
Robin versteckt sich hinter dem Baum.
Von Ferne ist schon das Lied des Steuereintreibers zu hören - ohne Musik.
STEUEREINTREIBER (singt)
Angst und Schrecken verbreite ich
Sieht man mich erschrickt man sich
Denn Angst und Schrecken verbreite ich.
Während des Liedes ist der Steuereintreiber aufgetreten.
STEUEREINTREIBER Puh, ein weiter Weg. Da werden mir die Beine lahm.
ROBIN (hinter dem Baum, nicht sichtbar) Weil Ihr feist und fett seid.
STEUEREINTREIBER Ja, ja, genau, ich bin ein bißchen dick... Moment mal. Ich führe ja Selbstgespräche.
ROBIN Oh nein, Ihr irrt. Das führt Ihr nicht.
STEUEREINTREIBER Dann bin ich ja beruhigt. Aber wer spricht denn da?
ROBIN Ich.
STEUEREINTREIBER Ein Baum kann sprechen?
Der Steuereintreiber geht um den Baum herum, Robin kommt auf die andere Seite...
STEUEREINTREIBER Merkwürdig. Sprechende Bäume. Höchst merkwürdig... (sieht jetzt Robin Hood) Beim Sheriff von Nottingham. Das ist ja Robin Hood.
ROBIN Ganz recht. Ich bin es. Rückt die Goldstücke raus.
STEUEREINTREIBER Niemals.
ROBIN Das werden wir ja sehen.
Robin Hood stellt den Steuereintreiber auf den Kopf, so daß die Goldstücke aus seiner Tasche purzeln.
ROBIN Na bitte, da sind sie ja. Und sagt dem Sheriff, daß Robin Hood nicht zulassen wird, daß er weiter die Leute ausplündert!
Robin ab.
STEUEREINTREIBER Das wird Euch teuer zu stehen kommen! Die Burg ist nicht mehr weit.
Musik. Verwandlung.
3. Bild - Vor der Burg zu Nottingham
STEUEREINTREIBER Holla, ich grüße den Sheriff zu Nottingham. He, laßt die Zugbrücke runter. Ich wurde überfallen.
Rattzig, die fette Ratte des Sheriffs, erscheint.
RATTZIG Wer blökt hier wie ein Schaf
und stört des Herrschers Mittagsschlaf?!
STEUEREINTREIBER Ah, Du bist es, Rattzig. (beiseite) Des Sheriffs Ratte, durchtrieben und voller Hinterlist. Wenn ich dieses arrogante Vieh schon sehe. (zu Rattzig) Ich bin es, der Steuereintreiber des Sheriffs.
RATTZIG (beiseite)
Ein dicker Sack auf Beinen,
will ich meinen.
Treibt Steuern ein
und will hinein.
(zum Steuereintreiber)
Das wird dem Herrscher wohl gefallen,
zeig her den Geldbeutel, den prallen.
STEUEREINTREIBER Ich bin von Robin Hood ausgeraubt worden.
RATTZIG Mit dieser Nachricht traust Du Dich hierher?
Doch meinetwegen, bitte sehr.
Unter Gedröhn und Kettengerassel senkt sich langsam die Zugbrücke herab.
Rattzig kommt auf die Zugbrücke.
RATTZIG Das Volk werfe sich jetzt in den Dreck,
denn der Sheriff kommt,
(für sich) der eitle Geck.
Der Steuereintreiber macht eine tiefe Verbeugung und wagt nicht, den Sheriff anzusehen, der jetzt langsam und eitel die Zugbrücke herunterkommt.
Feierliche Marschmusik setzt ein.
SHERIFF (singt)
Sheriff von Nottingham werd ich genannt
Allen Untertanen ist es wohl bekannt:
Ich bin der Stärkste hier im Land
Deshalb haben alle Angst vor mir
Bei Widerspruch werd ich zum Tier
Denn ich bin der Stärkste hier.
RATTZIG Heil Dir, Herrscher von Sherwood und Nottingham.
SHERIFF (singt weiter)
Meine Kraft und grenzenlose Schönheit
wird gepaart mit Mut und Rücksichtslosigkeit
Ergänzt durch Gier und Hinterlist
entsteht, was nicht zu schlagen ist:
Ich, ich, und nochmals ich,
bin der Herrscher Fürchterlich.
RATTZIG Heil Dir, Herrscher von Sherwood und Nottingham.
SHERIFF Genug des Lobes, ich weiß, was ich wert bin. Doch wer hat es gewagt, meinen geheiligten Schlaf zu stören.
RATTZIG (zeigt auf den Steuereintreiber)
Der da. Der im Dreck da niederkniet.
Der wurd’ von Robin Hood besiegt.
SHERIFF Mein Steuereintreiber?
STEUEREINTREIBER Ich, Herr, Du Sonne der Menschheit, Herrscher der dunklen Mächte...
SHERIFF Jaja, ist gut. Ich kann mich alleine loben. Robin Hood sagst Du? Dieser kleine grüne Wicht, dieser kleine Hosenscheißer mit der grünen Mütze? Dieser feige Kerl, der jeden Kampf mit mir vermeidet? Der meine Steuereintreiber überfällt und ausplündert?
Der Sheriff packt den Steuereintreiber und hebt ihn hoch in die Luft.
SHERIFF Und hast Du Dich gewehrt wie ein Löwe?
STEUEREINTREIBER Jaja, mich gewehrt wie ein Löwe.
RATTZIG Der Sack auf Beinen
will ich meinen
lügt doch wenn er spricht
Euch ganz offen ins Gesicht.
SHERIFF Hast dich also gewehrt wie ein Löwe?
STEUEREINTREIBER Naja...
SHERIFF Wie ein lahmer Löwe....?
STEUEREINTREIBER Aber gebrüllt habe ich...
Der Sheriff schleudert den Steuereintreiber zu Boden.
SHERIFF Wie am Spieß! Das kann ich mir denken! Du Flasche! Du nutzt nur, um die Bauern zu erschrecken! Du bist eine feige Ratte!
RATTZIG Keine Beleidigungen, bitte sehr
Ich bin mutiger als der.
SHERIFF Das wirst Du gleich beweisen können. Zu den Waffen! Alles muß man alleine machen. Denn jetzt hole ich mein Schwert, und dann geht es diesem Robin Hood an den Kragen... Dem mache ich jetzt ein Ende, ein für allemal!