Spreewaldkrimi VIII: Die Sturmnacht

TV-Movie für ZDF im Auftrag der Aspekt Telefilm

Trailer: www.youtube

PREMIERE

am 29. Juni 2015 auf dem FESTIVAL DES DEUTSCHEN FILMS Ludwigshafen

Erstausstrahlung ZDF

23. November 2015 als "Fernsehfilm der Woche"

Regie

Christoph Stark

Kamera

Frank Blau

Produzent

Wolfgang Esser / Aspekt Telefilm

Redaktion

Pit Rampelt

mit

Christian Redl, Thorsten Merten, Claudia Geisler-Bading, Rike Schäffer, Malina Ebert, Norbert Stöß, Lina Wendel, Sammy Scheuritzel, Emilia Pieske, Luise Heyer, Julius Feldmeier, Pit Bukowski, Volkmar Kleinert, Heike Jonca, Axel Buchholz, Andreas Nickl, Josef Heynert, Antonia Bill, Samia Chancrin, Karla Trippel u. a.

"Das ist doch alles inszeniert. Die drehen hier einen Fake-Horror-Film."

"Ja, mag sein. Aber dann ist irgendetwas gewaltig aus dem Ruder gelaufen."

Schnitt: Manuel Reidinger, Komponist: Thomas Osterhof, Produktionsleitung: Hartmut Damberg, Producerin: Dana Löffelholz, ZDF Produktionsmanagement: Stefan Adamczyk, Herstellungsleitung: Olaf Kalvelage, Prod.ass.: Martina Christian, Filmgeschäftsführer: Dennis Reuter, 1. AL: Lena Reuter, Motiv-AL: Marion Aha, Set-AL: Kerstin Dreßler, Ass.Set-AL: Alexander Thiel, Set-Runner: Isabell Kohlmeyer, Prod.Fahrer: Uli Tang, André Reinhold, Regieass.: Regina Spreer, Script/Continuity: Thomas Jankowski, Komparserie: Max Fenner, Casting: Simone Bär, Kameraass.: Axel Perenz, DIT/DataWrangler: David Schaufert, Standfoto: Oliver Vaccaro, Tonmeister: Matthias Pamperin, -Ass.: Alexander Bieber, Szenenbild: Anne Schlaich, -Ass.: Pegah Ghalambor, Außenrequisite: André Barthel, Innenrequisite: Bea Josubek, Requisitenfahrer: Evgeni Schwalba, Baubühne: Bühnenfisch, Praktikantin Szenenbild: Romy Schwerdtner, Kostüm: Petra Fichter, 1. Garderobiere: Iris Weber-Auvary, 2. Garderobiere: Marlene Iffland, Kostümbild-Praktikantin: Lilith Baumgarten, Maske: Kitty Kratschke, Peter Bour, Oberbeleuchter: Theodor Oppenlaender, Beleuchter: Alexander Basil, Andreas König, Sascha Vogel, Kamerabühne: Osee Bechstedt, -Ass.: Adriano Baldelli

 

Preise

FESTIVAL DES DEUTSCHEN FILMS - FILMKUNSTPREIS DER JURY: Beste Kamera: Frank Blau

 

PRESSE 

RAINER TITTELBACH

Eine aktuelle Vermissung spült im achten „Spreewaldkrimi“ einen 15 Jahre alten Fall wieder an die Oberfläche. Autor Thomas Kirchner lässt in „Die Sturmnacht“ (ZDF) im beeindruckenden herbstlichen Dauernass die Realitätsebenen noch stärker verschwimmen als bisher, indem er eine Film-im-Film-Ebene in die Handlung einzieht. Drei Filmstudenten, die im Spreewald einen Film über den Nix, eine Wassermann-ähnliche Sagengestalt, machen wollten, sind spurlos verschwunden (wie einst zwei Frauen). Der lyrisch balladenhaft strukturierte Film von Christoph Stark fordert eine weniger diskursive Rezeption, setzt stärker auf das assoziative Moment. So kommen sich Film und Zuschauer so nahe wie selten im Fernsehen.

Eine Sage, ein Filmprojekt und viele Vermisste

Land unter im Spreewald – und Kommissar Krüger muss sich gleich mit zwei Fällen auseinandersetzen. Der eine wurde längst zu den Akten gelegt. Doch eine aktuelle Vermissung spült ihn wieder an die Oberfläche. Vor 15 Jahren sind zwei Frauen spurlos verschwunden. Ihre Liebe zueinander war damals ein Schock für das kleine Lübbenau, vor allem für ihre Familien. Keine Leichen, kaum Verdachtsmomente gegen die Ehemänner, also ging man davon aus, dass die Frauen gemeinsam das Weite gesucht haben. Zweifel blieben: Lässt eine Mutter sein Kind so einfach ohne ein Wort zurück? Drei Filmstudenten, die im Spreewald einen semidokumentarischen Film über den Nix, ein sagenhaftes Wasserwesen, machen wollten, sind nun auch verschwunden. Wollten sie es zu genau wissen? Ihr Interesse an dem einst verschwundenen Liebespaar stieß jedenfalls bei einigen Dorfbewohnern auf Ablehnung. Wahnwitzig auch die Arbeitshypothese der Filmemacher: Die Bauern haben dem Nix durch Trockenlegung das Moor genommen, und der Wassergeist habe sich dafür die beiden Frauen geholt. Alles nur Film, Fake, Inszenierung, um wahrgenommen zu werden, ist sich Kollege Fichte sicher. Krüger sieht das anders: „Die Dämonen kriechen aus ihren Löchern.“

Ein Film im Film legt dem Kommissar eine Fährte

Die gegenseitige Durchdringung der Zeiten, das Spiel mit Vergangenem, das sich in die Gegenwart einschreibt, ist ein Hauptkennzeichen der „Spreewaldkrimis“ im ZDF. In „Die Sturmnacht“ verschwimmen nun im herbstlichen Dauernass die Realitätsebenen noch offensichtlicher und auch die Genreausrichtung, bisher Krimi mit hohem Drama-Anteil, wird in dem Film von Christoph Stark durch die mythische Erzählung vom Nix ein Stück weit in Richtung Gruselfilm variiert. Ein Hauch „The Blair Witch Project“ weht durch das Land der Fliese und schaurigen Sumpflandschaften, der sorbischen Sagen und bäurischen Überlebenskämpfe. Und zu dem Verzicht des linearen Erzählens hat Thomas Kirchner, der Autor aller „Spreewaldkrimis“, für den achten Film der Ausnahmereihe durch eine Film-im-Film-Ebene die Handlung noch mehr verpuzzelt als bisher. Die Studenten sind verschwunden. Zurück geblieben ist ihr Laptop. Es sieht so aus, als ob die drei der Polizei das Filmmaterial bewusst zuspielen wollten. In der Folgezeit wird der Zuschauer zunächst weniger Zeuge von Ermittlungen. Denn noch gibt es nicht viel zu ermitteln. Erst als sich aus den Filmsequenzen eine Fährte ergibt, gehen Krüger und sein unwilliger Kollege Fichte dieser Spur nach.

Sich assoziativ in den Handlungsfluss begeben

Bis dahin vermischen sich die Gegenwart der Kommissare mit Szenen, in denen die Studenten und ihre Beziehungsscharmützel zu sehen sind, mit schwarzweißen dokumentarischen Interviewschnipseln und zunehmend auch mit Sequenzen, die offenbar zum Nix-Film gehören, der gleichsam mit mehreren Realitätsebenen und Brechungen arbeitet. Ob die zunehmende Verunsicherung, die sich im Team breit macht, von Anfang an „real“ oder als Material für das „heiße“ Jungfilmer-Ding teilweise inszeniert ist („Es geht doch längst nicht mehr um unseren Film. Ich habe Angst“), kann nicht immer eindeutig entschlüsselt werden. Für zusätzliche Irritation bei den Kommissaren sorgt eine ungeschnittene Szene, in der alle drei Studenten zu sehen sind. Wer hat hier die Kamera geführt? All das, dieses multimediale und multiperspektivische Spiel, macht den besonderen Reiz von „Die Sturmnacht“ aus, dem damit etwas gelingt, was wohl so gut wie jeder Film- und Fernseh(rezeptions)experte für die Primetime für unmöglich halten würde: zu komplex, zu kompliziert, zu ungewöhnlich für den Normalzuschauer. Aber genau diese Reaktionen gab es anfangs auch beim Sender, was das labyrinthische Erzählkonzept des „Spreewaldkrimis“ anging, bevor der Erfolg sowohl bei der Kritik als auch beim Publikum endlich den Startschuss für diese außergwöhnliche Reihe gab. Jetzt gehen Kirchner, Produzent Wolfgang Esser und Redakteur Pit Rampelt noch einen Schritt weiter. Und auch das wird funktionieren. Der Film fordert eine weniger diskursive Wahrnehmung, setzt stärker auf das assoziative Moment (ohne den Zuschauer einzulullen). So kommen sich Narration & Rezeption, Film & Zuschauer so nahe wie selten im Fernsehen.

Formvollendete Lektion in Sachen Wahrnehmung

Obwohl „Die Sturmnacht“ also der am wenigsten linear erzählte „Spreewaldkrimi“ ist, nimmt man den Film dennoch als sehr flüssig (erzählt) wahr – nicht nur, weil er quasi der „Wasser-Film“ (Esser) der Reihe ist. Dass er stärker nach dem lyrischen als dem narrativen Prinzip gebaut ist, zeigt sich bereits im Vorspann, der einige düstere Impressionen gibt und Schlüsselmomente der Geschichte vorwegnimmt. Der Film mit seinen Naturgewalten und den sichtbaren Folgen, den Wassermassen, den Sumpfwiesen, dem Schlamm (das Szenenbild ist beeindruckend), mit seinen geheimnisumwitterten Figuren, der Dunkelheit und seiner tiefen Tragik hat etwas von einer Ballade. Auffallend ist außerdem, dass Regisseur Christoph Stark („Die Frau aus dem Moor“) auf namhafte Gast-Schauspieler verzichtet. Auch das hat mit der Erzählstruktur zu tun. Diese Krimi-Mystery-Mär schwimmt sich frei vom Personalisierungs-Prinzip, das überall in den Medien, im Fernsehen oder auch Kino dominiert, und setzt dafür auf Bild-Präsenz (Kamera: Frank Blau) & Montage-Prinzip. Ein bekanntes Gesicht könnte die flächige, filigrane Narration allzu leicht aus dem Gleichgewicht bringen. Christian Redl dagegen stört dieses Gleichgewicht nicht. Der Charakterkopf ist eingeführt als der etwas andere Kommissar der Reihe, der nicht alltagsrealistisch, sondern eher ein wenig esoterisch ermittelt, und die Art und Weise seines entschleunigten, melancholischen Spiels machen seine Figur auch zu einer Art Ikone der Reihe. Und so ist am Ende „Die Sturmnacht“ wie jeder „Spreewaldkrimi“ ganz besonders eine Lektion in Sachen Wahrnehmung. Die Konventionen des Erzählfernsehens werden formvollendet gebrochen – und es entsteht eine Magie weniger aus der Abfolge vermeintlich magischer Situationen als durch die Magie des Mediums selbst.

zum Artikel: www.Tittelbach.tv

 

FRANKFURTER NEUE PRESSE - "DIE STURMNACHT": ERZÄHLERISCHES MEISTERSTÜCK

24.11.2015
Der achte "Spreewald-Krimi" entfaltet durch seine Struktur und Bilder eine Magie, der man sich kaum entziehen kann.

Die Grenzen zum Phantastischen werden hier schon mal gestreift im achten Film der ZDF-Reihe "Spreewald-Krimi": Kommissar Krüger (Christian Redl), der grübelnde Ermittler, spricht häufiger von Dämonen, und im Mittelpunkt der Geschichte stehen die drei verschwundenen jungen Filmstudenten Mirko (Pit Bukowski), Laura (Luise Heyer) und Dennis (Julius Feldmeier), die einen Film über den phantastischen Wassermann drehen wollten, einen Wassergeist. Titel: "Das Nixprojekt".

Was natürlich an "Blair Witch Project" erinnert, jenen Horrorfilm, der wiederum von dem berüchtigten Kannibalenfilm "Cannibal Holocaust" von Ruggero Deodato beeinflusst wurde. Während die Hexe aus "Blair Witch Project" aber speziell für den Film ersonnen wurde, ist die Legende vom Wassermann oder Wassernix weit verbreitet. "Der Nix ist keine lokale Erscheinung, er ist universell" sagt Laura in die Kamera, und man findet ihn außer in Sagen sogar bei Wilhelm Busch. Dort taucht er in "Die beiden Schwestern" als "der alte, kalte Wasserneck" auf - und mit einer der beiden Schwestern auch wieder unter.

Zwei Frauen verschwanden Jahre zuvor

In "Die Sturmnacht" fragen sich Krüger und sein Assistent Fichte (Thorsten Merten) nicht nur, wo die drei jungen Leute geblieben sind, in deren verlassenem Haus es aussieht, als habe ein heftiger Kampf stattgefunden. Es geht auch um zwei weitere Frauen, die fünfzehn Jahre zuvor spurlos von einer Feier verschwunden sind. Sie hatten eine lesbische Liebesbeziehung. Haben sie gemeinsam ihre Familien - eine hatte einen kleinen Sohn - hinter sich gelassen und ein neues Leben begonnen, fielen sie einem Verbrechen um Opfer oder ist tatsächlich was dran an der Legende vom Nix?

Krüger sichtet das filmische Material, dass die drei - bewusst? - auf ihrem Laptop hinterlassen haben. Was ist echt, und was ist inszeniert? Die drei haben sich an den zunächst freundlichen Landwirt Sebastian Fähnrich (Norbert Stöß) gewendet, der aber hochaggressiv reagierte, als die beiden verschwundenen Frauen erwähnt wurden: Mit der Frau, die den Sohn hatte, war er verheiratet, und nach ihrem Verschwinden hat er den Hof geerbt. Der Sohn wurde als das "Mörderkind" gehänselt. Krüger, dessen Vater einst seine Mutter ermordete, weiß nur zu genau, was das bedeutet.

Hervorragend verschachtelte Erzählstruktur

Drehbuchautor Thomas Kirchner, Regisseur Christoph Stark und vor allem Kameramann Frank Blau erzählen die Handlung nicht linear, sondern lassen die Erzählebenen auf geniale Weise buchstäblich immer wieder ineinander verschwimmen. Immer wieder wechselt die Perspektive von der Fiktion zur Realität, von aufgenommenen Bildern zu tatsächlichen Ereignissen. Szenen entstehen in Krügers Kopf, schwarz-weiße Aufnahmen finden unmittelbar darauf ihre Fortsetzung in Farbe. Das erzählerische Experiment ist bestens gelungen.

Und zu allem kommt immer wieder der heimliche Star der Filmreihe "Spreewald-Krimi": die dschungelartige Landschaft mit viel Grün und verzweigten Flussläufen, die hier aufs Beste die labyrinthische und assoziative Erzählstruktur der Handlung spiegelt. Ergänzt hier durch eindrucksvolle Aufnahmen von schlammigen Wassermassen, die ihre schrecklichen Geheimnisse erst preisgeben, nachdem die Feuerwehr sie abgepumpt hat. Und eine hypnotische Musik von Thomas Osterhoff.

Unter der Flut von Fernsehkrimis - die Bezeichnung scheint angesichts der Bilder des Films besonders geeignet - ragt "Die Sturmnacht" turmhoch heraus. Sie erreicht in ihrem Niveau tatsächlich sogar den hervorragenden Beitrag "Mörderische Hitze" vom vergangenen Jahr. Und ähnlich wie dieser zu Recht ausgezeichnete Film der Reihe erzählt "Die Sturmnacht" auch vom Verlust der Unschuld. Zwar eher am Rand, nämlich in der Figur von Fähnrichs Sohn (Sammy Scheuritzel) - aber dennoch sehr, sehr gut.

zum Artikel: www.fnp.de